Was uns hinter dem Icefield Parkway, erwartete war erstmal Ernüchterung. British Columbia verfügt über so gut wie keinen Fernradweg. Der Kontrast, sobald man den Icefield Parkway verlässt ist brachial, er nennt sich TCH - der Trans-Canada-Highway..
22/06/19 Lake Louise - Hoodoo Creek
Wir starten recht früh, wohlwissend, was uns in einigen Kilometern erwartet. Die Abzweigung in Richtung Golden führt uns über eine lange Kurve auf eine große Brücke, der Seitenstreifen ist recht breit, aber überall liegen Steine, Gummireste von Autoreifen und Müll. Es fühlt sich falsch an, mit dem Fahrrad auf den Highway zu biegen. Bisher mussten wir lediglich einmal, für ungefähr 2 Kilometer auf dem TCH fahren, doch jetzt gab es für die nächsten Tage erstmal keine Alternative. Das Thema Streckenplanung in B.C. War wirklich schwierig. Tausend Personen, tausend Meinungen. Da es keinen gängigen Radreiseweg gibt, gibt es mehrere Alternativen. Fragt man jedoch die Kanadier, rät einem jeder eine andere Strecke, aber eins steht wohl fest, man muss immer Abstriche machen. Höhenmeter, Kilometer, viel befahren, breite Schulter, gute oder schlechte Infrastruktur. Wir entschieden uns zunächst für die goldene Mitte, um dann durch das Okanagan Valley Richtung Süden zu fahren. Unser erster Stop ist am Rande des Yoho Nationalparks, ein kleiner, recht abgelegener Zeltplatz am Hoodoo Creek. Auf dem Weg dahin einen kurzen Stop im Besucherzentrum in Field gemacht. Keine Trinkwasserversorgung, also musste ich ein paar Kilometer bis zum Fluss gehen um dort Wasser für das Abendbrot und den nächsten Tag zu holen. Es ist faszinierend wie man bereits nach ein paar Schritten in diese dichten Wälder das Gefühl hat, dass man so sehr klein und verletzlich ist. Menschliche Infrastruktur gibt uns einfach ein trügerisches Gefühl von Sicherheit.
23/06/19 Hodoo Creek - Donald
Unser heutiges Ziel ist ein Provincial Park Campground der in der Nähe von Donald, am Fuße des Glacier Nationalpark liegt. Man könnte diese Etappe auch die Ruhe vor dem Sturm nennen. In Golden kurzer Mittagsstop bei A&W, Beyond Meat Burger gibt es dort jetzt. Der Campingplatz ist sehr schön gelegen, wir hatten einen tollen Sonnenuntergang mit einem riesigen Regenbogen. Heute gehts es früh ins Bett, morgen wartet eine der schwierigsten Streckenabschnitte auf uns.
24/06/19 Donald - Rogers Pass
Das heutige Ziel heißt zunächst Rogers Pass. Der Weg dahin führt über den TCH stetig bergauf, bis man Kurz vor dem Pass erneut in ein Tal einfährt, um dann wieder steil bergauf den Pass in angriff nimmt. Da das allein ja langweilig wäre, wird man auf dem Weg nach oben noch von sogenannten Lawinentunneln begleitet. Dort gibt es kaum einen Seitenstreifen, schlechte Beleuchtung und tonnenschwere LKW´s, die von hinten wie ein tosendes Monster anrollen. Auf dem Pass gibt es ein sehr nettes Besucherzentrum. Leider hatten die meisten Campingplätze hier noch geschlossen, da noch Schnee lag oder nach Blindgängern von Lawinenabschüssen gesucht werden musste. Wir bekamen noch einen Platz auf dem Illecillewaet Zeltplatz und hatten eine wunderschöne Abendwanderung durch den dichten und wunderschön, lebedingen Wald sowie die Ruinen eines alten, durch die Bahngesellschaft betrieben Hotels #8eines der besten seiner Zeit).
25/06/19 Rogers Pass - Revelstoke
Heute viel Bergab. Unser Ziel war der kleine, aber unter Wintersportlern sehr bekannte Ort Revelstoke am Columbia River. Der Weg dahin war, trotz des Gefälles, unangenehm. Der TCH gleicht an vielen Stellen eher einem Bergpass in Nepal als einem Highway im Sinne einer Autobahn. Rechts von dir Felswand, links von dir riesige LKW dahinter Abgrund. An einer Stelle sprangen Bergziegen über die Fahrbahn. Wilder Westen? Um zu unserem Schlafplatz, dem Lamplighter Campground zu kommen, konnten wir eine romantische Stahlbrücke über den Columbia River überqueren. Da wir ein wenig Zeit hatten, haben wir gleich zwei Nächte in Revelstoke verbracht. Der Ort wirkt im Sommer sehr entspannt, aber nicht verschlafen. Es gibt viel zu sehen und nette Einheimische die trotzdem alle auf den nächsten Winter warten. Der Zeltplatz voll war und wir durften neben einem dauerhaft betrunkenem, streitendem Pärchen zelten. Warum ist in British Columbia eigentlich alles so teuer?
27/06/19 Revelstoke - Yard Creek Regional Park
Heute entspannte 60km, ein wenig auf und ab, leider auch beim Wetter. Die Strecke heute etwas besser, wenn auch noch immer TCH. Breiter Seitenstreifen, breite Straßen. Man kommt sich nicht mehr so vor, als sei man im Krieg mit den LKW. Auf dem Weg nach Malakwa in einem dieser seltsamen Supermärkte eingekauft. Eigentlich gibt es hier gefühlt nur Dosenessen, Alkohol und Zigaretten. Was braucht man mehr um glücklich zu sein? Da wir noch viel Zeit hatten und das Wetter nicht zum „gemütlich vorm Zelt sitzen“ einlud, sind wir noch in einen Grillimbiss „The Burner Grill“ eingekehrt, um ein wenig im Trockenem die Zeit totzuschlagen. Der Zeltplatz war dann sehr schön gelegen, mitten in einem alten, lebendigem Wald. Wir haben, nachdem alles aufgebaut war, noch eine kleine Runde über einen Wanderweg um den Zeltplatz gedreht und uns über die unterschiedliche Vegetation informiert.
28/06/19 Yard Creek Regional Park - Enderby
Heute biegen wir auf die südliche Route in Richtung Okanagan Valley ab. Woran wir jedoch nicht gedacht hatten war, dass am 1.Juli Canada Day ist und somit ein Feiertagswochenende vor uns liegt, an dem natürlich alle Zelten fahren! Die Straßen in Richtung Okanagan Valley oder auch Lake Country oder Peacheland (mein Gott klingt das alles nach Urlaub!) waren voll, so voll, dass es Zwischen den Felsen, der Straße und dem See neben uns teilweise wieder nur noch sehr wenig Platz gab. Wir hatten aber Glück einen sehr netten Campingplatz in der nähe der Stadt Enderby zu finden, auf dem wir direkt mehrere Tage blieben. Der naheliegende Fluss lud zum Abkühlen ein. Die lokale Jugend machte es sich auf ihren schwimmenden Ringen gemütlich und ließ sich den ganzen Tag flussabwärts treiben. Wir entdeckten die kleine Stadt und schlenderten über Flohmärkte. Zur Feier des langen Wochenendes spielte der Zeltplatzbesitzer mit seiner Band ein Live Konzert vor unserer Zelttür. Alles ein bisschen wie zu Hause im Harz.
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